„Die Kraft der Phantasie“ war das Thema des Wandertags mit Bruder Josef Faath SCJ, den dieser erstmals wieder nach der Corona-bedingten Zwangspause anbot. Neun Wanderfreunde kamen trotz Abstandsgebot und der Tatsache, dass es statt einer gemütlichen Einkehr „nur“ die eigene Rucksackverpflegung gab.
Das Buch „Die unendliche Geschichte“ bot den Rahmen für den Tag – das Buch von Michael Ende findet Bruder Josef „Spitze. Denn darin wird das Thema Phantasie im wörtlichen Sinne sehr gut durchbuchstabiert.“
Kurz stellte Bruder Josef den Teilnehmenden den Inhalt vor: „Ein kleiner Junge kommt in Berührung mit dem Land der Phantasie. Nach langem Sträuben traut er sich, dieses Land zu betreten. Und als er Geschmack daran gefunden hat, will er es nicht mehr verlassen, aber das hat seinen Preis! Wer die Macht der Phantasie erlebt hat, ist von ihr so begeistert, dass er nicht mehr davon lassen will.“
In der Wirklichkeit, so Bruder Josef, habe ein solches Verhalten zur Folge, „dass man immer mehr von der Wirklichkeit vergisst. Und zuletzt vergisst man auch die eigene Identität. Weltfremde Traumwandler nennt man solche Menschen – dies kann bis in den Wahnsinn führen. Aber wenn es so gefährlich ist, sich auf die Phantasie einzulassen, sollte man sie dann nicht besser ganz meiden? Etliche Menschen sehen das so, aber ich meine: Nein! Für mich ist Phantasie – wie es bei Tabaluga heißt – „die Kraft, die alles bewegt“. Ohne Phantasie geht Kreativität verloren und alles verkommt zu Stumpfsinn.“
Verschiedene Aspekte wurden an diesem Tag an den einzelnen Stationen diskutiert. Etwa beim Start, wo Bruder Josef erklärte: „Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass es Phantasie gibt, und der Mut, sich darauf einzulassen. Das Land Phantasien hat keine Grenzen. Aber es kann verloren gehen, wenn sich keiner mehr etwas Neues ausdenken kann.“
An der Holzbrücke fand er, dass man hier „der Phantasie freien Raum geben kann.“ Es ging aber auch um die Gefahr – analog zum Inhalt des Buches – dass man die Wirklichkeit darüber vergisst und zum „Traumtänzer“ wird. „Wirklich lohnend ist aber, ständig zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu wechseln. Die Wirklichkeit spornt die Phantasie an, über das Gesehene hinaus zu wachsen. Und die Phantasie gibt mir die Kreativität, die ich brauche, um auf die Fragen der Wirklichkeit zu antworten“, so Bruder Josefs Impuls.
Weitere Aspekte kamen zu Sprache, etwa, dass Phantasie eine wichtige Triebfeder für Kreativität und damit auch ein Fundament von Kunst und Kultur ist. Religion ist ebenfalls Teil der Kultur, deshalb gibt es sicher hier Verbindungen. „Doch wie die aussehen, darauf fanden wir keine Antwort“, so Bruder Josef in der Rückschau.
Sein Rat lautete: „Sucht ein Gleichgewicht zwischen Phantasie und Wirklichkeit. Schaut die Welt an, wie sie ist und stellt euch gleichzeitig vor, wie sie sein könnte. Und dann überlegt, wie der Weg vom einen zum anderen aussehen könnte.“
Am Samstag, 04.07.2020, ist der nächste Wandertag. Das Thema lautet dann: „Der Traum von Freiheit.“ Ob im Juli wieder eine Einkehrmöglichkeit besteht, wird Bruder Josef kurzfristig entscheiden. Eine Anmeldung ist erforderlich unter Telefon 06321-8750 oder per Mail an info@kloster-neustadt.de Die Teilnahmegebühr beträgt 5 Euro.
Foto ©: Kloster Neustadt / privat