„Jerusalem – die Mitte der Welt: Geschichte der jüdischen, christlichen und muslimischen Sinnlandschaft“ ist das Thema des nächsten Seminars in der Reihe „Alte Kulturen im Umfeld der Bibel und des frühen Christentums“ von Pater Hans-Ulrich Vivell SCJ. Es findet am Wochenende 23./24.09.2023 im Kloster Neustadt statt. Referent ist Prof. em. Dr. Klaus Bieberstein, bis 20021 Inhaber des Lehrstuhls für Alttestamentliche Wissenschaften an der Universität Bamberg.
Jerusalem ist eine Sinnlandschaft aus Stein, die nicht vom Himmel gefallen, sondern langsam entstanden ist und im Laufe von Jahrhunderten immer wieder neu gestaltet wurde. Das Zentrum dieser Sinnlandschaft bildete in biblischen Zeiten der Tempel, der repräsentieren sollte, was den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt unverfügbar und heilig gelten sollte.
Zwar wurde er 587 v. Chr. durch den König von Babylon Nebukadnezzar II. und 70 n. Chr. durch den römischen Feldherrn Titus erneut zerstört, doch seine Ortstraditionen haben alle Zerstörungen überstanden und wurden in verwandelter Gestalt weitergeführt. So wurde in frühislamischer Zeit auf der antiken Tempelplattform die Aqsa-Moschee und der Felsendom errichtet, und die Westmauer der Plattform wurde für Jüdinnen und Juden zum Ort des Gebets.
Allein im Christentum spielte der Tempel nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr galten Golgotha und das Heilige Grab als neues Zentrum der Welt. Die Rotunde der Grabeskirche und das Heilige Grab wurden in Westeuropa abgebildet und nachgebaut, und diese Abbildungen dienten wiederum als Vorbilder zur Neugestaltung des Heiligen Grabes.
Darüber hinaus entstand in der Stadt Jerusalem und am Ölberg eine umfassende Erinnerungslandschaft zur Passion Jesu, deren Stätten im Laufe der Jahrhunderte mehrfach verlegt wurden. Sie war einerseits Vorbild für die Kreuzwege in Westeuropa, und die Kreuzwege in Westeuropa wurden Vorbilder für die Neugestaltung der Via dolorosa in Jerusalem.
Das Seminar verfolgt die Geschichte dieser faszinierenden Sinnlandschaft, die ständig neu gestaltet wird. Themen sind daher: Die Geschichte der christlichen Erinnerungslandschaft von ihren Anfängen bis zum Vorabend der Kreuzzüge, die Geschichte der christlichen Erinnerungslandschaft von der Kreuzfahrerzeit bis zur Gegenwart, eine literarisch-musikalische Pilgerfahrt ins Heilige Land um 1480 mit dem Titel „In Gottes Namen fahren wir, seiner Gnad begehren wir“ sowie „Vom Tempel zum Felsendom und zur Westmauer (Klagemauer)“.
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